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12. November 2025

Stand der Finanzierung dauerhafter CO₂-Entnahme - Bericht von Planet2050 & CDR.fyi

Lesezeit: 8min

Wir freuen uns, die Veröffentlichung des Berichts „The State of Durable Carbon Dioxide Removal (CDR) Financing“ bekannt zu geben. Darin teilen wir Erkenntnisse aus einer Umfrage unter mehr als 150 Anbietern und Projektentwicklern im Bereich dauerhafter CO₂-Entnahme und geben einen klaren Einblick in die Finanzierungsherausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind.

Hintergrund

Dieser Bericht basiert auf den Ergebnissen der Carbon Finance Pulse Survey, einer gemeinsamen Befragung von Planet2050 und CDR.fyi, die zwischen August und September 2025 durchgeführt wurde. Die Umfrage wurde speziell entwickelt, um den aktuellen Stand und die Herausforderungen zu verstehen, mit denen Projektentwickler bei der Finanzierung konfrontiert sind.

Über dauerhafte CO2-Entfernung

Dauerhafte CO₂-Entnahmen bezeichnen menschliche Aktivitäten, die aktiv Kohlendioxid (CO₂) aus der Atmosphäre entfernen und es sicher und langfristig über mehrere Jahrhunderte oder länger speichern.

Der wissenschaftliche Konsens, einschließlich des IPCC, ist eindeutig. Ohne CO₂-Entnahmen lässt sich die globale Erwärmung nicht begrenzen. Diese sogenannten "net negative" Lösungen tragen dazu bei, die globalen Temperaturen zu stabilisieren und die Ansammlung von in der Vergangenheit ausgestoßenem CO₂ in der Atmosphäre allmählich umzukehren.

Die Skalierung von CO₂-Entnahmen kann helfen, bestehende Emissionen auszugleichen, das Risiko eines Temperaturanstiegs über die Zielwerte hinaus zu verringern und Emissionen aus schwer vermeidbaren Sektoren zu kompensieren.


Stand der CO₂-Entnahme im dritten Quartal 2025

Der Markt für dauerhafte CO₂ Entnahmen wächst mit beeindruckender Geschwindigkeit. Inzwischen sind über 500 Projektentwickler in diesem Bereich aktiv. Von den noch geringen Mengen im Jahr 2022 ist das Volumen bis 2025 auf 24,5 Millionen Tonnen CO₂ angestiegen, die vertraglich gebunden sind, überwiegend für zukünftige Lieferungen. Damit hat sich das Marktvolumen im Vergleich zu 2024 verdreifacht. Die Preise bewegen sich derzeit zwischen 800 und über 1000 US Dollar pro Tonne.

Quelle: CDR.fyi Q3 Update


Finanzierungsbedarf in der Anfangsphase

Die entscheidende Hürde für die Skalierung dauerhafter CO₂-Entnahmetechnologien liegt im hohen anfänglichen Kapitalbedarf für den Aufbau komplexer Infrastrukturen. Dazu gehören etwa Anlagen für die direkte Abscheidung von CO₂ aus der Luft (Direct Air Capture), der Ausbau von Biokohle Einheiten oder die erste Anwendung von Gesteinsmehlen und begleitende MRV Aktivitäten (Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung) im Rahmen des beschleunigten Gesteinsverwitterung (Enhanced Rock Weathering).

CO₂-Finanzierung spielt eine zentrale Rolle, um diese Hürde zu überwinden. Sie ermöglicht es, die zukünftige Nachfrage nach verifizierten CO₂-Entnahmezertifikaten in sofortige Investitionen umzuwandeln, zum Beispiel über Eigenkapital oder Projektfinanzierungsinstrumente.

Zielsetzung und Anwendungsbereich

Das Hauptziel bestand darin, vertrauliche Einblicke in die Finanzierungserwartungen, Zeitpläne und größten Herausforderungen dieser Unternehmen zu gewinnen. Die Ergebnisse ermöglichen es, zentrale Finanzierungslücken zu identifizieren und gezielte Maßnahmen abzuleiten, die unterschiedliche Akteure im Bereich der CO₂ Entnahme ergreifen können.

Highlights

  • Finanzierungsengpass: Die meisten Anbieter versuchen derzeit, innerhalb der nächsten sechs Monate Kapital einzuwerben. Das zeigt einen akuten kurzfristigen Druck, Finanzmittel zu sichern, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und Mitarbeitende zu halten.

  • Abhängigkeit von Fördermitteln: Zuschüsse und Subventionen bleiben die am stärksten nachgefragte Finanzierungsquelle, obwohl ihre Verfügbarkeit deutlich abgenommen hat. Das deutet darauf hin, dass viele Anbieter auf Kapital hoffen, das nicht in dem Tempo verfügbar sein wird, das sie benötigen.

  • Strukturelles Ungleichgewicht: Klassische Kredit- und Beteiligungsmodelle passen kaum zu den Realitäten dauerhafter CO₂ Entnahme. Lange Projektlaufzeiten, hohe Anfangskosten und unsichere Einnahmen stehen im Widerspruch zu den Renditeerwartungen vieler Investoren. Innovative Finanzierungsmodelle sind noch selten, entstehen jedoch zunehmend.

  • Kapitallücke: Es fehlt eine „mittlere Ebene“ von Investorinnen und Investoren, die Investitionen im Bereich von 1 bis 5 Millionen US Dollar tätigen. Dadurch bleiben Projekte in der Frühphase zwischen gemeinnütziger Förderung und institutioneller Großfinanzierung stecken. Diese Lücke verlangsamt den Übergang vom Konzeptnachweis zur Skalierung.

Wichtigste Finanzierungsbedenken der Anbieter

Wir haben die Anbieter gefragt, was ihnen in Bezug auf die Unternehmens- und Projektfinanzierung „schlaflose Nächte bereitet“. In den offenen Antworten traten dabei fünf zentrale Themen hervor.

Die Liquiditätsfalle: Überleben statt Fortschritt

Anbieter von CO₂-Entnahmen berichten von einem anhaltenden Mangel an Liquidität, der sie zu schwierigen Entscheidungen zwingt, etwa zwischen der Bezahlung ihres Personals und der Finanzierung der Zertifizierung sowie der Überwachungs- und Prüfprozesse, die notwendig sind, um Einnahmen zu erzielen. Dieser Teufelskreis hemmt den Fortschritt und schwächt das Vertrauen von Investoren, sodass selbst technisch solide Projekte als instabil wahrgenommen werden.

Zurückhaltung und fehlende Übereinstimmung auf Investorenseite

Viele Anbieter berichten von Schwierigkeiten, Investoren zu gewinnen, die die langen Entwicklungszyklen, die wissenschaftliche Sorgfalt und die gemeinschaftlichen Zusatznutzen dauerhafter CO₂ Entnahme verstehen. Das Interesse institutioneller Investoren ist nach frühen Fehlschlägen und politischen Veränderungen, insbesondere in den USA, deutlich zurückgegangen. Viele Kapitalgeber betrachten den Sektor weiterhin als zu langsam oder zu unausgereift für typische Beteiligungszeiträume. Das Ergebnis ist ein Mangel an Kapital, das inhaltlich und zeitlich auf Integrität ausgerichtete Projekte unterstützt, insbesondere im globalen Süden und in Schwellenländern.

Das „Henne-Ei-Problem“ zwischen Finanzierung und Abnahmeverträgen

Die Befragten berichteten, dass sie sich in einer Zwickmühle befinden: Investoren verlangen bestätigte Abnahmeverträge, während Käufer erst dann Zusagen machen, wenn eine gesicherte Finanzierung vorliegt. Diese wechselseitige Abhängigkeit verzögert den Projektstart und verstärkt den Eindruck eines unreifen Marktes. Die Schwierigkeit, diese voneinander abhängigen Elemente zu koordinieren, gehört zu den größten strukturellen Herausforderungen beim Ausbau der CO₂ Entnahme.

Lücken bei geeigneten Finanzierungsinstrumenten

Klassische Kreditstrukturen passen nur selten zu den Realitäten von CO₂ Entnahmeprojekten, die durch hohe Anfangsinvestitionen, lange Amortisationszeiten und unsichere Einnahmezeitpunkte geprägt sind. Zwar entstehen einige vielversprechende Finanzierungsmodelle, wie die Vereinbarungen zwischen JP Morgan, der Schmidt Foundation und Mati oder zwischen Standard Chartered, British Airways und UNDO, doch die meisten Anbieter, insbesondere kleinere, haben keinen Zugang zu solchen Möglichkeiten. Die Branche würde von spezialisierten Kredit- oder Hybridinstrumenten profitieren, die auf das Risiko von Projekten in der Frühphase zugeschnitten sind und von Kapitalgebern getragen werden, die Geduld, Kreativität und Offenheit für neue Ansätze mitbringen.

Fehlendes Zwischenkapital und Zugangshürden

Zwischen Fördermitteln für die Frühphase und großvolumiger Projektfinanzierung klafft eine Lücke mittelgroßer Investoren im Bereich von 1 bis 5 Millionen US Dollar, die den Übergang vom Konzeptnachweis zur Skalierung ermöglichen könnten. Lange Prüfprozesse, geringe Risikobereitschaft und die Abhängigkeit von Vermittlern erschweren es den Anbietern zusätzlich, rechtzeitig passende Finanzierungen zu sichern. Direkte und flexible Kapitalpartnerschaften sind bisher eher die Ausnahme als die Regel.


- Auszug aus dem Bericht -

Zentrale Erkenntnisse für Akteure im CO₂ Entnahmemarkt

Anbieter und Entwickler von CO₂-Entnahmen-Lösungen

Fokus auf Finanzierungsreife

  • Mehrere Einnahmequellen aufbauen: Verträge so gestalten, dass sie für Kreditfinanzierungen geeignet sind, indem nicht auf Kohlenstoff bezogene Zusatznutzen (Co-Benefits) offiziell bewertet und kombiniert werden. Nutzung von Plattformen zur Bündelung von Projekten kann die Kosten senken und gezielt die Lücke mittelgroßer Investoren im Bereich von 1 bis 5 Millionen US Dollar ansprechen.

  • Faires Kapital einfordern: Finanzierung für die ersten Projektumsetzungen sichern, faire Konditionen verhandeln und Kapital vermeiden, das übermäßige Kontrolle oder ungünstige Gewinnbeteiligungen verlangt.

Investoren

Geduldig differenziertes Kapital einsetzen und über wahrgenommene Risiken hinausdenken

  • Finanzierungslücken überbrücken: Meilensteinbasierte Finanzierungen anbieten, um den Zeitraum von 12 bis 24 Monaten vor der Zertifizierung zu überbrücken. Dabei technologiespezifische Risikobewertungen nutzen, um reifere Verfahren mit höheren Lieferquoten, wie etwa Biokohle, nicht mit überhöhten Risikoaufschlägen zu belasten.

  • Globale Chancengleichheit fördern: Kapital gezielt in regionale Fonds lenken, um Risiken im globalen Süden abzufedern, und sich aktiv dafür einsetzen, dass CO₂ Entnahmeprojekte gegenüber institutionellen Investoren an Sichtbarkeit und Vertrauen gewinnen.

Banken und Finanzinstitute

Strukturen standardisieren, um Abnahmeverträge in bankfähige Sicherheiten zu verwandeln

  • Verträge und Risikominderung vereinheitlichen: Abnahmeverträge für Kreditfinanzierungen standardisieren und darin verpflichtend eine Versicherungskomponente verankern, um zukünftige Einnahmeströme zu stabilisieren und das Risiko für Kreditgeber zu senken.

  • Öffentliche Unterstützung nutzen: Öffentliche Unterstützung, zum Beispiel von der Europäischen Investitionsbank, einsetzen, um den Eintritt in Kreditfinanzierungen im größeren Maßstab abzusichern. Außerdem Finanzierungsstrukturen entwickeln, die Mikrofinanzierungen integrieren, um auch Projekte auf lokaler Ebene im globalen Süden zu erreichen.

Käufer und Abnehmer

Einnahmesicherheit schaffen, um weitere Finanzierungen zu ermöglichen

  • Verlässlichkeit herstellen: : Vorauszahlungen leisten und sich auf langfristige, garantiebasierte Abnahmeverträge über zehn Jahre oder länger festlegen, idealerweise mit Preisuntergrenzen. So lassen sich zeitliche Lücken in der Finanzierung schließen und Kreditmittel absichern.

  • Pilotphasen und Zusatznutzen unterstützen: Gezielte Risiken in der Erprobungsphase weniger ausgereifter Projekte übernehmen und bewusst höhere Preise für überprüfbare Zusatznutzen zahlen, etwa für neue Arbeitsplätze oder die Wiederherstellung von Flächen in Projekten des globalen Südens.

Politische Entscheidungsträger und öffentliche Einrichtungen (Marktgestalter)

Bürokratie abbauen, Planungssicherheit schaffen und Unterstützung auf frühe Projektphasen konzentrieren

  • Risikoteilung und Standards umsetzen: Kohlenstoffverträge mit Differenzausgleich oder Preisuntergrenzen einführen, um Preisschwankungen zu stabilisieren, und MRV Standards vereinfachen, um die Kosten für Projektentwickler zu senken.

  • Fördermittel gezielt und gerecht einsetzen: Zuschüsse stärker auf Machbarkeitsstudien und Investitionskosten für Erstprojekte ausrichten und dabei verbindlich Chancengleichheit für den globalen Süden sowie vereinfachte Zugangswege in allen Förderprogrammen verankern.

- Auszug aus dem Bericht -

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